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Yoga-rnichtsoschlecht

Ich fühle mich wie glücklich bekifft, Rotz läuft mir wie ein friedliches Rinnsal aus der Nase und mit jedem Brennen auf Armen und Beinen sinke ich noch ein bissl tiefer in die Entspannung. Ich bin beim Yoga. Seit Monaten endlich wieder mal. Die mir noch unbekannte Lehrerin lädt in den hauseigenen Garten ihrer fetten Villa. Ich begrüße die Gruppe. Die ersten beiden Yogis sehe ich noch, dann verschwimmt mein Blick und irgendwas tröpfelt aus meiner Nase. „Du hast doch keinen Heuschnupfen oder? Unser Gärtner hat gerade frisch gemäht…“ Ich blinzle nur und zieh einen ziemlichen Schwall Rotz hoch. Da muss ich jetzt durch!

Mit halbgeschlossenen Augen breite ich meine Yogamatte aus. Die Lehrerin will mit einer Anfangsmeditation starten. „Um anzukommen.“ Was sie findet, dass ich getan habe, als ich ihr Grundstück betreten habe, weiß ich nicht. Aber dann komme ich eben nochmal "offiziell" an. Wir sollen uns hinlegen. Als meine Haare die Matte berühren, blendet mich die Sonne wie ein feinziger Starkstrom-Scheinwerfer. Darum war der Platz also noch frei… Ich mache die Augen zu und spüre, wie die Heuschnupfen-Halogen-Tränen meine Schläfen runterlaufen. „Stellt euch vor, ihr seid ganz federleicht.“ Sehr witzig. „Jetzt fliegt ihr locker über einen Berggipfel.“ Während wir als nächstes in Gedanken die Wolken berühren sollen, merke ich immer deutlicher ein Stechen unterm rechten Schulterblatt. Es hat dumpf angefangen, wird aber immer schärfer und schmerzhafter. Ich setze mich kurz auf, klappe die Matte um und ertaste halb blind die Wiese unter mir. HA! – eine spitze Wurzel! Ich ruckle alles etwas mehr in Richtung meiner Liegekollegin. „Zwei Meter!“ flüstert die im Halbschlaf. Ach, es ist herrlich wieder unter Menschen zu sein.

So. Jetzt aber weiter mit der Entspannungsreise. Ich lege mich wieder auf den Rücken, atme lange aus und versuche mir vorzustellen, wie ich auf einer Wolke hüpfe. Dann höre ich es plätschern. Der Brunnen am Grundstück lässt literweise Wasser durch eine Pumpanlage. Er muss schweineteuer gewesen sein. Denke ich und muss plötzlich ganz schrecklich dringend aufs Klo. Warum bin ich nicht mehr daheim gegangen? Ich ärgere mich über mein Hudeln und weil ich ja bekanntermaßen zur Theatralik neige, stelle ich mir unweigerlich vor, wie sich meine Blase immer weiter füllt. Mehr und mehr. Bis sie irgendwann platzt und mich die Rettung hier abholen muss. Die Tränen laufen. Nicht wegen meines unwürdigen Abganges, sondern wegen diesem verdammten gemähten Rasen und der Sonne. „Wir aaatmen die Wolken…“ Ich muss mich jetzt endlich aufs Meditieren konzentrieren. Ermahne ich mich noch lautlos und spüre auf einmal winzige Körperchen und ein ganz schirches Brennen. Ameisen!!! Zig. Hunderte!!! Ich schüttle mich, als hätte es mich elektrisiert und hoffe, dass die (verzeiht mir) Drecksviecher so alle abfallen. Aus zwei geschwollenen Augenschlitzerl seh ich den tiefblauen Himmel. Wann hab ich eigentlich das letzte Mal da rauf geschaut? Ein Flugzeug zieht lautlos eine weiße Linie. Bestimmt fliegt´s zum Meer. Ich sehe mich in einem weiß gepolsterten Strandbett. Schlafen. Einfach nur stundenlang schlafen. Es ist herrlich. Die Sonne brennt mir ins Gesicht. Ich pick auf meiner Matte wie ein Stoiwerk auf heißem Beton. Hi und da weine ich eine Allergieträne, und zucke kurz, wenn sich wieder eine Ameise auf mir entleert. Meine eigene Blase vergesse ich für diesen traumhaften Bruchteil einer Minute. Die geldige Lehrerin hat recht. Ich bin ganz federleicht...

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