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E ois easy

Man muss wissen, dass ich wirklich nie ein E-Auto wollte. Ich bin Oldschool, mag keine Apps, will in Geschäften bei echten Menschen einkaufen, finde KI unheimlich und ja - teilweise bin ich sogar noch auf Facebook. Ich will keine E-Technik.

Und trotzdem haben wir jetzt so ein Auto und ich muss damit leben. Oder halt zumindest damit fahren. Und es laden. Was ich in der Nacht auf heute noch getan habe. Unter strömenden Schwerregen bin ich ohne Schuhe und im Heidlgewand raus, um es vorm Haus anzustecken. Allein diese Vorplanung…

Heute früh schlepp ich dann diverse Sachen ins Auto. Und das Kind. Beim Starten seh ich dann: 80 km Reichweite. WTF?!

Ich schau das Baby durch den Spiegel an. Es schaut sehr lieb aus – beruhigt mich aber nicht im Geringsten. Ich hupf raus und klopf meinem Mann beim großen Terrassenfenster. „Ich hasse dieses Auto. Es hat nicht geladen. Ich komm zum Termin, aber nimmer heim. Ich dreh durch. Was tu ich denn jetzt?!“ (Manchmal überrascht mich meine Theatralik selbst…)

P. bleibt ruhig. „Fahr jetzt mal und ich ruf dich dann an. Du ladest einfach aufm Weg.“

Will ich nicht. Ich hab keine Zeit für sowas. E(s) nervt mich so sehr.

Ich schnaufe laut und bringe den Bub wie ausgemacht zur Oma. Dann fahr ich weiter. Konstant 70km/h. Ich schalte die Heizung aus, obwohl es fuc*ing 13 Grad hat. Im August. Und das Radio. Nervös summend schau ich immer wieder auf die Reichweite, die trotz Rentnergeschwindigkeit schneller sinkt als die Stimmung von Klima-AktivistInnen bei Sommerwetter.


Ich erreiche mein Ziel mit 15 Kilometer Rest-Reichweite. Erst muss ich zum Termin. Der ist gut, obwohl ich gedanklich schon gierig Strom zapfe.

Draußen am Parkplatz google ich dann und werde zu einer Turmöl-Tankstelle geschickt. Es regnet in Strömen und ich öffne die Motorhaube, tu das Ladekabel raus und will alles anstecken. Laut Anzeige brauch ich eine App, die ich mit einem QR-Code erreiche. Die hätte ich gerne, wäre mein Code-Scanner nicht veraltet. Ich lösch ihn und lad ihn neu runter. Beim zweiten Scannen geht wieder nix. Ich spür, wie mir eng wird, meine Schuhe langsam durchgehen und die Socken das Regenwasser vom Asphalt aufsaugen. Ich zähle gedanklich bis 5 – reiß dann das Kabel ausm Auto und der Säule und fahr weiter.


7 (!) Kilometer Reichweite. SIEBEN! Bei einem Einkaufszentrum seh ich E-Ladeparkplätze. Ich blinke nicht, schlag ein und presch hin. Wieder ein QR-Code. Dieses Mal geht er aber. Ich werde auf eine Webseite geschickt, auf der ich sämtliche Daten eingeben soll. Guad. Schritt für Schritt. Name, Adresse, Mail – Kontodaten. Kontodaten?! Ich brauch meine Geldtasche vom Beifahrersitz. Das Raiffeisen-Katerl. Jetzt keinen Fehler machen.

Irgendwann hab ich alles eingetippt und muss noch bestätigen. Die Stunde kostet bis zu 8 Euro. Ihr Salzburg-AGauner… Aber hilft jetzt nicht. Gerade als ich meinen Segen geben will, seh ich, dass mein Handy-Akku blinkt. Herrgott, was muss heute noch alles elektronisch in die Pinsen gehen? Ich hau mich ins Auto und zapfe das letzte Schluckerl Strom fürs Handy. Wenn jetzt was schiefgeht, hab ich gar nichts mehr!

Ich bestätige und warte eine wirklich unendlich lange Zeit, bis ein „okay“ aufm Display erscheint. Der Storm rinnt. Halleluja.

So sitze ich schließlich am Fahrersitz und warte, bis sich meine Reichweite Kilometer für Kilometer rauflädt. Meine Zehen sind nass-kalt und die Fenster laufen von innen an, weil ich so dampfe. Ich hab Hunger, trau mich aber nicht aussteigen und diesen fragilen Vorgang allein lassen. Also versuche ich rational zu sein und aufhören, mich über etwas zu ärgern, was ich eh nicht ändern kann. Wobei man aber schon wissen muss, dass ich wirklich nie ein E-Auto wollte...

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