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Ein Nachtprotokoll

Es ist 7 Uhr früh. Das Baby streichelt vorsichtig meine Stirn und zeichnet mit dem kleinen Zeigefinger meine Augenbrauen nach. P. ist schon im Bad und ich so gerädert von der Nacht, dass mir ganz schwindlig ist. Ich gähne laut und strecke mich. Das Baby lacht so groß, dass man seine kleinen Zahnderl sieht. Ganze fünfmal war ich heute auf! Pfff. Kinder sind das Größte – aber Schlafentzug einfach so scheiß-anstrengend. Mein Nachtprotokoll.


23:50. Ich hab mich gefühlt gerade hingelegt und schon muss ich wieder auf. Was mich echt nervt! Warum hab ich auch so viel Hollersaft vorm Bettgehen getrunken? Sowieso hab ich in letzter Zeit so einen Durst in der Nacht. Vielleicht esse ich zu viele Jumbo-Nusserl beim Fernsehen… Ich versuche erst rauszuzögern, gebe aber recht schnell auf und tapse aufs Klo. Licht. Papier. Klospülung. Zurück. Das volle Programm. Ich bin hellwach und brauche sicher eine halbe Stunde, bis ich wieder einschlafen kann.


2:22. Komische Zeit. Sowieso werde ich oft zu solch symetrischen Zahlen munter. Da gab es doch auch einmal einen schirchen Film, bei dem etwas ganz grausliges passiert ist, nachdem die hilflose Hauptdarstellerin immer zur gleichen Zeit aufgewacht ist, oder? Wie hieß der noch? Scream? Oder wars bei Freddy Krüger? Warum hat der eigentlichen einen so deutschen Nachnamen, wenn der Film doch amerikanisch ist? Mag Hollywood keine Deutschen? Und wissen die, dass Österreicher und Deutsche nicht die Selben sind, sondern nur teilweise – selten - ähnlich reden? Ich muss jetzt schlafen. Der alte Plan: A wie ABBA, B wie Beatsteaks, C wie Celine Dion, D wie Deichkind…


2:40. Ich schrecke auf. Ich muss bei J oder K eingeschlafen sein. Okay. Jamiroquai. Kings of Leon! Mich juckt meine Fußsohle. Ich kratze. Erst sanft, dann wild. Und weils nicht aufhört, muss ich aufstehen und mich mit einer Feuchtigkeits-Schmier eincremen. Auf. Licht. Creme. Zurück.


4:10. Ich zucke. Schweißperlen auf der Stirn, mein Herz hämmert gegen die Rippen. Wer hat mich da verfolgt? Und war das – jetzt im Wachzustand – ein Geräusch im Garten? Wer ist bitte zu der Zeit unterwegs? Einbrüche und Morde passieren meist gegen Mitternacht. Glaub ich halt irgendwann mal gelesen zu haben. Wobei. Warum eigentlich? Es gibt wohl kaum ein Psychohandbuch mit Timeline. Oder? Vielleicht doch. Zum Runterladen im Darknet. Strange Vorstellung. Mein Mund ist sandig. Ich muss was trinken. Licht. Wasserhahn. Glas. Zurück.


5:50. Ich höre ein leises Seufzen und gehe zum Gitterbett, das bei uns im Schlafzimmer steht. Das Baby liegt friedlich mit geschlossenen Augen und offenem Mund drinnen. Ich hebe ihn zu uns ins Bett und halte ihn am lieben, warmen Rücken.


7 Uhr. Ich wache auf, weil das Baby vorsichtig meine Stirn streichelt und mit dem kleinen Zeigefinger meine Augenbrauen nachzeichnet. Kinder sind das Größte – aber Schlafentzug einfach so scheiß-anstrengend. Auch wenn beides auch einmal genau gar nichts miteinander zu tun haben muss...

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