Ein Flirt, Urin und meine Schilddrüse
Ich bin heute in einer Privatklinik zum Gesundheitscheck. Blut abnehmen, EKG machen, ein bissl über Kinkerlitzchen plaudern. Was man halt so macht ab 31.
Ich also in der vollen Sportmontur. Zum einen weil mein Kasten keine „lockere Kleidung“ hergibt, hauptsächlich aber um Eindruck zu schinden und vitale Dynamik vorzutäuschen. Ein attraktiver Krankenpfleger mit hellen Augen und langen Wimpern empfängt mich breitlächelnd und bittet mich zum EKG. Beim Verkabeln fällt ihm mein Laufleiberl auf. „Waren´s beim Wings for Life World Run?“, fragt er während er die Saugnapferl anbringt. „Sicher!“ prahle ich und höre mich sagen: „Ich hab einiges über zehn Kilometer geschafft.“ Eine KOMPLETTE Lüge! Im Mai 2018 (da war ich glaube ich auch das letzte mal laufen) hat mich das Catcher Car bei Kilometer 7 eingeholt und ich war am absoluten Überende meiner allerletzten Kräfte. Generell habe ich eine wahnsinnig miese Ausdauer und musste bei meiner Wanderung auf den Sparber vor zwei Wochen mitansehen, wie mich eine Gruppe deutscher Rentner leichtfüßig überholt. Der Pfleger anerkennend: „Eine Sportlerin also?“ Ich mein: Er ist ganz fesch und kann das ja sowieso nicht nachprüfen. Also winke ich zwar ein bissl ab, stimme aber ausdrücklich zu. Dann nimmt er mir Blut ab und drückt mir einen Becher in die Hand. „Hier rein bitte noch eine Harnprobe.“ Kurz darauf hocke ich unentspannt am Klo und warte, bis sich was tut. Erst nach gefühlten Stunden höre ich ein zaghaftes Tröpfeln und alles was ich will, ist jetzt auf keinen Fall niesen müssen! Etwas angeekelt nehme ich meine “Flüssig-Beute”, will sie in einem diskreten Facherl abgeben, finde aber keines. Also trage ich das halbvolle Becherl in den (mittlerweile recht gut besuchten) Warteraum. Die Sonderklassepatienten mustern mich und tuscheln. Ich gebe mich lässig, als würde ich vor meinem täglichen Morgenrun halt noch ein bissl mit wohltuendem Kamillentee spazieren gehen. Dann – endlich - kommt der schmucke Krankenpfleger. „Geben Sie mir´s einfach.“ Sein ernst? „Nein, das ist nicht nötig. Wo soll ich es denn hinbringen?“ Ich möchte das jetzt auf gar keinen Fall! „Schon okay. Geben Sie mir´s einfach“, wiederholt er und umfasst dabei den warmen Becher. Um ein großes Unglück zu vermeiden, presse ich die Augenlider aufeinander und folge seinem Befehl. Memo an mich: Allerspätestens bei einer prekären Urinübergabe vor Publikum verdörrt jeder noch so karge außereheliche Morgenflirt wie eine Schnecke in der sengenden Sommerhitze. „Na also, geht doch. Jetzt bitte einfach hier warten.“
Nach ein paar Minuten und den phantasievollsten „Das-hätte-ganz-übel-ausgehen-können-Gedanken“ holt mich ein Internist. Er ist freundlich, schielt aber so stark, dass ich mich zweimal umdrehe, als er mich fragt, wie es mir geht. Dann folge ich ihm ins Behandlungszimmer. „So, dann schauen wir uns erstmal Ihre Schilddrüse an.“
Wie im Affekt ziehe ich mein Leiberl hoch, wuzel meinen Kopf durch den engen Ausschnitt und lasse mich auf die mit Papiertüchern ausgelegte Liege fallen. „Ahm... ich kontrolliere die Schilddrüse“, wiederholt er mit einem Auge meinen Blick suchend, mit dem anderen den Ausgang. „Ja eh“, zeige ich mit beiden Händen auf meinen Bauch. Stille. Ziemlich lange sogar...
Jetzt aber ganz ehrlich: Wer bitte weiß so auf dem EffEff, dass die Schilddrüse nicht in der Nähe des Magens, sondern irgendwo im Hals ist?! Ich jedenfalls nicht!
Als mir der Arzt ganz langsam die Position dieses und meiner vielen anderen Organe erklärt, fühle ich, dass ich den Tiefpunkt meines Besuches hier erreicht habe. Wortlos lasse ich die Untersuchung über mich ergehen. „Ach hallo“, sagt der Internist dann aus heiterem Himmel zu mir. Ich bin verwirrt, grüße dann aber natürlich zurück. Erst danach sehe ich, dass der Gruß wohl dem Pfleger in der Seitentüre galt. Der ist meinen Urin inzwischen los geworden und lächelt motiviert. „So Frau Schwarz! Jetzt geht’s weiter zum Belastungstest.“ Was?! „Keine Angst, da können Sie nicht mehr viel falsch machen. Nur intensiver Sport, aber darin Sie sind ja nach eigenen Angaben top!“
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