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7 Wochen - 7 Erkenntnisse

An einem Wochenende vor gefühlt 200 Jahren (als es noch lange, haltgebende Umarmungen mit geschlossenen Augen und diese appetitlich angerichteten Aperol-Spritzer mit einer Scheibe Orange in großen mit Wasserperlen behangenen Glaskelchen gab) hab ich ein Buch gelesen. Oprah Winfrey: „Was ich vom Leben gelernt habe.“ 256 Seiten voller Lebensweisheiten, die ich so natürlich nicht schreiben könnte... Nach sieben Wochen Mama-Sein gibt es aber zumindest genau so viele Erkenntnisse, die ich hier teilen kann. Also:

1. Man stellt sein Baby nicht ab Ein hartes Learning. Als ich nämlich kurz nach der Geburt das erste Mal in die Trafik gehe um eine Briefmarke zu kaufen (ja für einen richtigen, handgeschriebenen Brief) lasse ich den Kinderwagen samt Baby draußen stehen. Gar nicht aus mangelnder Liebe, sondern weil es mir praktischer erscheint, ihn nicht durch die enge Türe zu wuzeln und dann in das eventuell virenlastige Gschäfterl zu drängen. Nach kurzer Zeit, eingereiht in einer sich in Zeitlupe bewegenden Pensionisten-Schlange, werde ich aber unruhig. Den Kinderwagen mit wertvollem Inhalt seh ich durch die gewinnspiel-bepickten Schaufenster nimmer. Hätte ich ihn doch mit reinnehmen sollen? Mir wird heiß. Und ein bissl schlecht. Muss man Babys überall dort hin mitnehmen, wo man selbst auch hingeht? Gibt es Infos darüber, wie viele im Jahr gestohlen werden? Können sie so lange erfolglos schreien, bis sie irgendwann ohnmächtig werden? Wie lange bin ich schon hier drinnen? Und: Hyperventilliere ich gerade? Ich breche an dieser Stelle ab und stürze schweißgebadet raus an die frische Winterluft. Der Kinderwagen steht noch da. Das Baby darin schläft seelenruhig, während mein Herz schmerzlich gegen die Brust hämmert. Meine Güte, Gott sei Dank! Ich fühle mich massiv rabenmütterlich, schieb den unfrankierten Brief zurück in die Tasche und das Kind nach Hause. Morgen starten wir einen neuen Versuch…

2. Jeder hat alles besser Du hast dein Baby nach bestem Gewissen warm eingepackt und schiebst es im Kinderwagen durch den Ort? Nett. Wirklich nett. Aber nicht ausreichend. Die anderen Mamas haben ihre Kinder nämlich besser verpackt, an fixierte Handwärmer an den verstellbaren Griffen gedacht und ihre Wägen aufwändig dekoriert. Versuch gar nicht erst es ihnen nachzumachen. Du scheiterst.

3. Pinterest lügt Und Instagram auch. Das Zimmer unseres Babys war nämlich genau so eingerichtet, wie ich es im Internet gesehen habe. Superfancy und mit einem Kasten, in dem das winzige Gewand gebügelt und nach Größe sortiert hängt. Wenn das Kind in der Nacht aber hyperventiliert weil es Hunger hat und gewickelt werden will, interessiert das genau niemanden. Da muss plötzlich alles nur noch praktisch sein. Und praktisch ist nicht immer fototauglich. Also räume ich schon nach der ersten Nacht daheim alles um und sortiere das Gewand danach, ob es lange oder kurze Ärmel hat. Ach und bügeln tu ich es auch nimmer.

4. Babytragen sind ein Werk des Teufels Gut, um das Buzi kurz zu beruhigen sind sie ganz okay. Den Rest der Zeit muss man aber ständig Angst haben, das Baby könnte sich die Nase eindepschen oder so zusammengepresst ersticken. Ah und anständig bücken wenn einem was runterfällt geht auch nicht. Und das tut es ständig, denn:

5. Eine Hand wäscht… alles! Man muss sich vorstellen, man trägt andauernd einen warmen fünf Kilo schweren Sandsack, den man so sehr liebt, dass einem das Herz ähnlich übergeht wie ein Bachbett nach einer Woche Dauerregen. Man trägt ihn also gerne, entwickelt dabei ziemlich schnell eine Lieblingsseite und ZACK einen Tennisarm. Also einen wie bei hartem Tennis. So Djokovic-Nadal-Tennis. Halbseitig Hulk, halb Pudding muss man dann irgendwie den Alltag und den Haushalt schaffen. Und manchmal sogar Essen kochen. Dafür, dass das bis zum Servieren meist wieder kalt ist, kann der Arm zwar nix – ist aber auch eine andere Geschichte.

6. Zahlen und Fakten Supermamas lauern überall. Sie sagen Sätze wie: „Wir können jetzt sitzen“ – als hätten sie selbst es auch gerade zum ersten Mal gemacht. Oder: „Wir haben Hunger“, weil das Baby quengelt. Oder, mein ungeschlagener Favorit: „Wir haben gerade in die Windel gemacht“ Ihr seht schon, es geht ins Uferlose. Die Frauen, die sich also zu 100% mit ihrem Kleinkind identifizieren und kein "ich", sondern nur noch "wir" sind, sind auch meist besonders happig auf Zahlen. Ich werde also sehr sehr oft gefragt, wie schwer und wie lange unser Baby aktuell ist. Und wie alt. Und wäre das für eine Zahlenlegasthenikerin wie mich nicht schon stressig genug, rechnet man zudem plötzlich nicht mehr in Monaten, sondern in Wochen! Glaubt ihr nicht? Das Baby 7. Und ich rund 1700. Bähm!

7. Gerda Rogers allover! Als ich schwanger war und es mir so gut ging, haben alle gesagt. „Warte erst das Ende ab. Das wird noch so richtig schlimm.“ Dann die Entbindung. „Du wirst glauben, du stirbst!“ Und dann die Babyzeit. „Das wird hart. Dein Leben ist dann komplett vorbei.“ Nichts davon ist eingetreten. Unser Baby ist ein riesiges Glück und ja ich weiß: „Warte erst einmal ab, bis er größer wird!“ Aber man wird verstehen, dass ich auch hier aus der Erfahrung hoffnungslos optimistisch bleibe.

So, das sind die sieben. Und es gibt noch einiges mehr, das ich jetzt schon weiß. Zum Beispiel, dass auch Babys ihre Würde haben und man nicht dauernd über ihre Windelinhalte reden muss. Dass sie nicht ins Internet gehören und dass sie Menschen nur durch ihre bloße Anwesenheit fröhlicher machen. Dass nichts – wirklich nichts - so wichtig ist, als dass sie gesund und sicher sind und dass ich nie aufhören werde, noch mehr zu lernen. Ach ja - und dass Oprah recht hatte, als sie schrieb: „Ihre Lebenseinstellung bestimmt das Maß Ihrer Lebensfreude mit. Wichtiger, als scharfe Augen zu haben, ist der Blickwinkel.“

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